Rundgang durch die Alstadt von Oppenheim mit ihrer bemerkenswerten Ruderalflora und Spätsommerflora der Stromtalwiesen zwischen Oppenheim und Guntersblum


Exkursion am Samstag, 03.09.2005
Führung: Hans-Jürgen Dechent, Saulheim

 

Großer Knorpellattich (Chondrilla juncea) am Bahnhof von Oppenheim


 
1. Die Ruderalflora in der Altstadt von Oppenheim
 
Auf einem Rundgang vom Bahnhof durch die Vorstadt zur Katharinenkirche und zurück konnten die Teilnehmer dieser Exkursion eine interessante Ruderalflora vorfinden.
 
Der Lebensraum in der Altstadt von Oppenheim ist gekennzeichnet durch trittfeste, verhältnismäßig artenarme Pflanzengesellschaften, die mit der geringen Humusmenge zwischen der Pflasterung und Mauerfugen auskommen und besonders an sonnigen Standorten trockenheitsresistent sein müssen. Der Vogelknöterich (Polygonum arenastrum aus der Polygonum aviculare-Gruppe) ist die Pflanze, die auch auf extremen Standorten dieser Art anzutreffen war.
Allgemein ist festzustellen, dass die hier vorkommenden Arten Pionierpflanzen mit einer hohen Vermehrungs- und Verbreitungsfähigkeit sind, die häufig ein tief reichendes, weit verzweigtes Wurzelwerk besitzen. Allerdings ist die Flora dieses Lebensraums dem Konkurrenzdruck anderer Pflanzen nicht gewachsen, so dass sie sich nur auf diesen extremen Standorten ausbreiten kann.
 
Pflanzen im Bereich der Mauerfugen waren die Mauerraute (Asplenium ruta-muraria), das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis), der Kompass-Lattich (Lactuca serriola), das Wimper-Perlgras (Melica ciliata), das Flache Rispengras (Poa compressa) und das Klebrige Greiskraut (Senecio viscosus). 
 
Auffällig ist in der Ruderalflora ein hoher Anteil an Neophyten und Gartenflüchtlingen, die sich hier vielfach fest und schon seit langer Zeit etabliert haben. Diese Arten konnten sich auf anderen Standorten nicht gegen die einheimischen Pflanzen durchsetzen. Beispiele hierfür sind die aus Nordamerika eingeschleppte Gefleckte Wolfsmilch (Euphorbia [Chamaesyce] maculata), die Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca acinosa), die mit der Zimmerpflanze Zebrina pendula verwandte Commelina communis aus Ostasien, der Australische Gänsefuß (Chenopodium pumilio), das Kleinblütige Franzosenkraut (Galinsoga parviflora) aus Peru,  der Rauhhaarige Fuchsschwanz (Amaranthus retroflexus), das Filzige Hornkraut (Cerastium tomentosum), der Hornfrüchtige Sauerklee (Oxalis corniculata), der Portulak (Portulaca oleracea) und die Zitronen-Melisse (Melissa officinalis) aus dem mediterranen Bereich.
 
Das z.T. submediterrane Stadtklima begünstigt die Ansiedlung wärmeliebender Arten wie z.B.  Rauhhaariger Fuchsschwanze, (Amaranthus retroflexus),  Stinkender Gänsefuß (Chenopodium vulvaria), Großer Knorpellattich (Chondrilla juncea), Blut-Fingergras (Digitaria sanguinalis), Lamy's Weidenröschen (Epilobium lamyi),  Paulownie (Paulownia tomentosa) und  Feigenbaum (Ficus carica).
 
Weiterhin wurden in der Altstadt folgende Arten  angetroffen:
Hirtentäschelkraut Capsella bursa-pastoris  Garten-Wolfsmilch Euphorbia peplus
Weißer Gänsefuß Chenopodium album Grasblättrige Kresse Lepidium graminifolium
Feigenblättriger Gänsefuß Chenopodium ficifolium Weg-Kresse Lepidium ruderale
Unechter Gänsefuß Chenopodium hybridum Englisches Raygras Lolium perenne
Schneeballblättriger G. Chenopodium opulifolium Gänse-Malve Malva neglecta
Gestreifter Gänsefuß Chenopodium strictum Einjähriges Rispengras Poa annua
Grüner Pippau Crepis capillaris Bittersüßer Nachtschatten Solanum dulcamara
Kleines Liebesgras Eragrostis minor Acker-Hellerkraut Thlaspi arvense

 
 
Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe) und Kanten-Lauch (Allium angulosum) auf einer Stromtalwiese bei Guntersblum
 

 
2. Die Stromtalwiesen bei Guntersblum
 
Das 2. Exkursionsziel waren die Stromtalwiesen bei Guntersblum (32:0456216 E, 5517450 N). Sie bestehen aus Feuchtwiesen, Ackerflächen, Tümpeln und Trockenstandorten auf dem Deich. Durch das Gebiet führt ein ökologischer Lehrpfad. Das reich gegliederte Gelände, das aus Feuchtwiesen, Gehölzstreifen und Tümpeln besteht, ist als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme für Eingriffe in Natur und Landschaft bei der Errichtung von Uferfiltratbrunnen durch die Wasserversorgung Rheinhessen GmbH gestaltet worden.
Die verhältnismäßig artenarmen vor dem Deich gelegenen Feuchtwiesen (vielfach Queckenwiesen), werden häufig vom Rhein überschwemmt. Mitgenommene Sämereien von Pflanzenarten anderer Standorte keimen hier und sind Bestandteil der Flora dieses Gebietes. 
Die hinter dem Deich gelegenen Feuchtwiesen (mancherorts Reitgraswiesen) sind artenreicher. Bei Hochwasser steigt hier der Grundwasserspiegel, und das Gelände wird mit Wasser überschwemmt, das keine Sinkstoffe enthält. Besonders schützenswert ist dieser Lebensraum wegen seiner seltenen und nur lokal anzutreffenden Pflanzenarten (32:0455615 E, 5496435 N, v).
Den dritten Lebensraum bilden die Trockenstandorte auf dem Deich.

Folgende Pflanzenarten konnten in den Stromtalwiesen bei Guntersblum beobachtet werden:

Sumpf-Schafgarbe Achillea ptarmica Wiesen-Storchschnabel Geranium pratense
Odermennig Agrimonia eupatoria Tannenwedel Hippuris vulgaris*
Riesen-Straußgras Agrostis gigantea Des Etangs' Johanniskraut Hypericum x desetangsii
Kanten-Lauch Allium angulosum Wiesen-Alant Inula britannica
Gänsekresse Arabis nemorensis Sibirische Schwertlilie Iris sibirica
Land-Reitgras Calamagrostis epigejos Blaues Pfeifengras Molinia caerulea
Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia Dornige Hauhechel Ononis spinosa
Weg-Distel Carduus acanthoides Arznei-Haarstrang Peucedanum officinale
Kl. Tausendgüldenkraut Centaurium pulchellum Kratzbeere Rubus caesius
Brenndolde Cnidium dubium Salz-Bunge Samolus valerandi*
Einspelzige Sumpfbinse Eleocharis uniglumis* Spießblättriges Helmkraut Scutellaria hastifolia
Esels-Wolfsmilch Euphorbia esula Sumpf-Greiskraut Senecio paludosus
Kleine Wolfsmilch Euphorbia exigua** Färber-Scharte Serratula tinctoria
Sumpf-Wolfsmilch Euphorbia palustris Späte Goldrute Solidago gigantea
Breitblättrige Wolfsmilch Euphorbia platyphyllos** Arznei-Beinwell Symphytum officinale
Mädesüß Filipendula ulmaria Spargelschote Tetragonobolus maritimus
Weißes Labkraut Galium album Gelbe Wiesenraute Thalictrum flavum
Echtes Labkraut Galium verum ssp. verum Eisenkraut Verbena officinalis
  und ssp. wirtgenii Langblättriger Ehrenpreis Veronica longifolia
Färber-Ginster Genista tinctoria Niedriges Veilchen Viola pumila
Lungen-Enzian Gentiana pneumonanthe
** auf einer abgeernteten Ackerfläche
*  an einem Tümpel

 

 
Koordinatensystem: UTM
v = die Koordinaten dieses Standorts sind verschlüsselt angegeben.

Zusammengestellt von Günter Wrusch